Feind der Sparer – Freund der Anleger

In dieser Woche hat die Europäische Zentralbank {kurz: EZB} bekanntgegeben, dass sie weiterhin ihren Kurs beibehält, die monatlichen Anleihekäufe Zug um Zug zu reduzieren. Obwohl die Liquiditätsversorgung zurückgefahren wird, nehmen es die Aktienmärkte positiv auf. Wie kommt das eigentlich?

Anstatt 30 Milliarden Euro sollen ab Oktober „nur noch“ 15 Milliarden Euro monatlich in die Kapitalmärkte fließen. Nimmt man sich ein Lehrbuch der Ökonomie zur Hand, wäre die Schlussfolgerung klar: Öffnen Zentralbanken die Geldschleusen, dann landet ein Großteil der Liquidität am Finanzmarkt. Steigende Kurse sind die Folge. Drehen die Zentralbanken den Geldhahn wieder zu, müsste eigentlich die gegenläufige Reaktion zu erwarten sein. Soviel zur Theorie. In der Praxis sieht es aber momentan anders aus. Seit der Aussage von Mario Draghi können wir steigende Kurse an den Aktienmärkten beobachten.

Aus unserer Sicht gibt es dafür gute Gründe. Die Notenbank hat sich nämlich eine Hintertür offengelassen und den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik nicht an einen bestimmten Termin geknüpft. Sollte die Wirtschaft auch über 2018 hinaus Liquidität benötigen, ist die EZB bereit. Zudem wird an der Zinsschraube erstmal nicht gedreht – die 0 Prozent werden uns auch über die kommenden Jahre begleiten. Investoren gehen nach diesen Aussagen davon aus, dass die EZB keine hektischen und voreiligen Entscheidungen treffen wird, die die Märkte kalt erwischen und zu heftigen Korrekturen führen. Zudem ist das wirtschaftliche Umfeld intakt und die Inflation mittlerweile auch auf einem messbaren Niveau. Die Prognosen für die kommenden Jahre sehen ähnlich aus.

Positive Erfahrungen mit diesem Kurs konnten viele Investoren bereits in den USA machen. Denn die EZB-Politik ist ähnlich aufgestellt wie die der amerikanischen Notenbank FED. Durch den behutsamen Anstieg der Leitzinsen in Amerika wurde die Konjunktur nicht abgewürgt. Natürlich gab es in den USA auch noch weitere Einflussfaktoren {wie z.B. politische Entscheidungen zum Thema Steuern}, die diesen Kurs gestützt haben. Allerdings lässt sich aus dem Vorgehen der Notenbanken deutlich erkennen, dass eine funktionierende Realwirtschaft essentiell ist, um die Unterstützungen zurückzufahren und ggfs. Zinsen zu erhöhen.

Fakt ist, dass trotz geldpolitischer Anpassungen die Aktienkurse weiterhin ansteigen können. Oder sollte man besser sagen müssen! Für Anleger ist das eine gute Nachricht. Nur eine Gruppe trifft die EZB-Politik auch weiterhin sehr hart: die Tages- und Festgeldsparer werden auch nach dem Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik keine Renditen erwirtschaften. Vielleicht sollte man die Politik der EZB eher nutzen, als sich über viele Jahre hinweg dagegen zu stemmen.

Herzlichst,

Ihr Stansch-Team

 

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