Wie weit können die Immobilienpreise noch fallen?

Die Trendwende am Immobilienmarkt lässt erahnen, dass dort größere Risiken schlummern. Was können sich die Käufer noch leisten und was macht die Preiskorrektur mit den Banken?

Im ersten Quartal dieses Jahres war das Vermögen der Deutschen erneut einem Preisverfall ausgesetzt. Dieser dritte Preisverfall in Folge war der höchste seit der Finanzkrise. Das liegt vor allem daran, dass dieses Mal die Immobilien, das wichtigste Vermögensgut der Deutschen, langsam, aber sicher im Preis gesunken sind. Anfang dieses Jahres wurden diese um knapp fünf Prozent günstiger gehandelt als zu ihrem Allzeithoch vor neun Monaten. Doch gemessen an der veränderten Lage am Immobilienmarkt ist die Preiskorrektur bislang viel zu gering.

 

Was können sich Käufer noch leisten?

Wer mit dem Gedanken spielt, eine Immobilie für sich und seine Familie zu erwerben, stellt schnell fest, dass der bisherige Preisrückgang die gestiegenen Hypothekenzinsen bei Weitem nicht ausgleicht. Der durchschnittliche Zinssatz für Baufinanzierungen ist seit seinem absoluten Tiefpunkt im Jahr 2021 um rund drei Prozentpunkte gestiegen. Bei der durchschnittlichen Darlehnshöhe der letzten Jahre erhöht sich dadurch die monatliche Kreditbelastung für Käufer um 44 Prozent – siehe Tabelle, mittlere Spalte:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Darf die monatliche Belastung des Käufers jedoch nicht steigen, so kann er sich bei gleicher Restschuld und nun höheren Zinsen nur noch einen Kredit von maximal 240.000 Euro leisten (rechte Spalte der Tabelle). Ändert sich der zu finanzierende Anteil nicht, müsste demnach der Kaufpreis des Objekts um 20 Prozent fallen, damit es für den Käufer erschwinglich bleibt – anstehende Sanierungskosten bei älteren Bestandsimmobilien sind hierbei noch gar nicht berücksichtigt. Bestandsimmobilien wurden zuletzt 12% günstiger als zum Allzeithoch des letzten Jahres gehandelt, während Neubauten im Preis sogar leicht zulegten. Dies lässt vermuten, dass die erwarteten Sanierungskosten den Unterschied ausmachen.

 

Diese können aufgrund einer unzureichenden Energieeffizienz bei älteren Objekten schnell 400 Euro je Quadratmeter betragen. Bei einem durchschnittlichen Kaufpreis von 3.300 Euro je Quadratmeter würde dies bedeuten, dass der Quadratmeterpreis um 12,1% fallen muss, damit das Objekt zum gleichen Preis vermietet werden kann. Die Summe aus Preisrückgang durch gestiegene Finanzierungs- und Sanierungskosten legt ein Preiskorrekturpotential für den Immobilienmarkt von 32 Prozent zutage. 

 

Immobilien als Geldanlage

Auch bei einer Immobilie als Geldanlage muss neu gerechnet werden. Bei einem durchschnittlichen Kaufpreis von 3.300 Euro pro Quadratmeter und einer durchschnittlichen Monatsmiete von 9,50 Euro pro Quadratmeter wird eine Jahresrendite von 3,45 Prozent erwirtschaftet. Daraus konnten bislang Zinskosten von 1 Prozent, Instandhaltungskosten von 2 Prozent und Verwaltungskosten von 0,45 Prozent bezahlt werden. Wenn die Finanzierungskosten nun jedoch von 1% auf 4% steigen, muss die notwendige Rendite 6,45 Prozent betragen, um die Kosten zu decken. Darf die Miete nicht steigen, rechnet sich die Anlage nur noch bei einem Quadratmeter-Kaufpreis von 1.767 Euro. Muss das Objekt jedoch im Vorfeld noch saniert werden, um die Energieeffizienz zu steigern, fällt der kostendeckende Preis auf rund 1.367 Euro. Die ökonomische Bewertung der Immobilienanlage fällt also um insgesamt 59 Prozent.

 

Was droht der deutschen Bankenlandschaft bei solch einer Preiskorrektur?

Die Summe der Wohnungsbaukredite deutscher Banken belief sich Ende des Jahres 2022 auf 1.800 Milliarden Euro. Wenn man davon ausgeht, dass die Banken rund 80 Prozent der Immobilienwerte finanziert haben, würde ein Wertverlust in beschriebener Höhe zu einer potenziellen Wertkorrektur von rund 460 Milliarden bis 840 Milliarden Euro im Kreditbestand der Banken führen und damit einen erheblichen Anteil des Eigenkapitals der deutschen Banken, welches Ende 2023 bei 750 Mrd. Euro lag, aufzehren. 

Bislang sind keine besonderen Verluste in den Bankbilanzen aufgezeigt worden, die auf die Finanzierung von Immobilien zurückzuführen sind. Dies liegt daran, dass Hypothekenkredite zu Nominalwerten und nicht zu Marktwerten bilanziert werden. Der Verkaufsdruck auf deutsche Immobilienbesitzer ist bislang gering, da die Arbeitslosigkeit niedrig, die Sanierungsanforderungen unklar und die Liquidität privater Haushalte verhältnismäßig hoch ist. Auch besteht die Hoffnung, dass nominale oder reale Lohnsteigerungen höhere Mieteinnahmen ermöglichen und den Wertverlusten so entgegenwirken. Und letztlich ist das Angebot weiterhin knapp, da von Seiten der Neubauaktivität keine Entlastung kommt. 

Sollte sich das Bild jedoch ändern und sich die Preiskorrekturen einstellen, könnte dies für die deutsche Bankenlandschaft zu einem ernsthaften Problem werden. Was ein Preisverfall von Vermögenswerten auslösen kann, haben uns die Anleihemärkte in den letzten Monaten am Beispiel von Banken aus der Schweiz und den USA gelehrt und die Märkte zittern lassen.

Wir wünschen Ihnen ein schönes Wochenende!

Herzlichst, Ihr Stansch-Team

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