Die Pandemie und der Euro

Der Euro ist gegenüber dem US-Dollar aktuell so stark wie seit 2018 nicht mehr – und das, obwohl die USA, nach anfänglichen Schwierigkeiten, die Pandemie besser im Griff haben, als die Europäer. Warum ist dann der Euro im direkten Vergleich so robust? Eine Erklärung könnte ein Blick auf die Verschuldung liefern. Die EU-Präsidentin, Christine Lagarde, hat vor kurzem erst wieder erklärt, dass es innerhalb des Euro-Raums keine allzu großen Unterschiede bei den Kreditkosten geben dürfe. Das bedeutet, dass die höher verschuldeten Staaten nicht viel mehr zahlen sollen als die weniger verschuldeten, tendenziell stärkeren Volkswirtschaften.

Zu Beginn der Corona-Krise gab es einen deutlichen Anstieg bei den Renditeunterschieden der Anleihen einzelner Euro-Staaten. Dieser Renditeunterschied drohte, zu einer Gefahr für den Zusammenhalt des Euro zu werden. Ende 2020 betrug die durchschnittliche Differenz bei einer „Süd-Euro-Anleihe“ {Mittelwert bei Italien, Spanien und Portugal} nur noch 0,8% bei 10jährigen Staatsanleihen -bei 2jährigen Papieren waren es lediglich 0,1%. Wenn man bedenkt, dass die Wirtschaft in Südeuropa besonders stark eingebrochen ist, ist dieser geringe Unterschied bemerkenswert. So niedrig wie heute waren diese Renditeunterschiede seit 2009 nicht mehr!

Damit sich daran nichts ändert, hat die EZB, neben der Aufstockung des Corona-Hilfsprogramms auf 1,85 Billionen Euro, auch beschlossen, dass sie auf die Ankaufsobergrenzen bei Staatsanleihen verzichtet. Außerdem ist es ihr erlaubt, zeitweise vom Kapitalschlüssel abzuweichen, was ihr zusätzliche Flexibilität verschafft. In der Vergangenheit war das Volumen der Anleihekäufe zu jeweils 50% an die Höhe des Bruttoinlandsprodukts sowie zu 50% an die Bevölkerungsgröße des jeweiligen Landes gekoppelt {der sogenannte Kapitalschlüssel}. Dadurch sollte verhindert werden, dass die EZB unbegrenzt Anleihen hoch verschuldeter Länder kauft, um deren Refinanzierungskosten zu drücken. In der Pandemie hat sie hierzu jetzt die Möglichkeit, wenn die Refinanzierungskosten des entsprechenden Landes zu stark gestiegen sind. Es ist zu befürchten, dass diese Ausnahme zur Regel wird, obwohl es sich hierbei um eine indirekte Form der Staatsfinanzierung handelt. Wenn es Christine Lagarde gelänge, diesen Schlüssel dauerhaft aufzugeben, wäre die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Eurozone für längere Zeit gebannt.

Somit hat die Pandemie also den Weg in eine informelle Haftungs- bzw. Schuldenunion geebnet und das Vertrauen internationaler Investoren in den Zusammenhalt des Euro steigt, obwohl die Wachstumsperspektiven insgesamt weiterhin mager sind. Das macht ihn zu einer Alternative gegenüber dem US-Dollar – denn die Staatsschuldenquote der Eurozone ist immer noch niedriger als die der USA.

Man darf jedoch nicht vergessen, dass wir keine Fiskalunion innerhalb Europas haben, sondern dass der Euro lediglich durch die Notenbank zusammengehalten wird mit Mitteln, die streng genommen untersagt sind. Die Marktteilnehmer werden verleitet, die Bonitätsunterschiede der einzelnen Länder nicht mehr angemessen zu berücksichtigen, was zu einem Verschuldungswettlauf innerhalb der Eurozone führen könnte – Sparen dürfte vor diesem Hintergrund sinnlos erscheinen.

Dazu ein Beispiel: Wir haben ein Dorf, in dem jeder Haushalt für jeden anderen haftet. Warum sollte eine Familie sparsam sein, wenn sie für die Schulden der anderen Familien aufkommen muss!? Warum sollte man sich zurückhalten und keine Investitionen tätigen, wenn der Nachbar permanent – auf Kredit – sein Haus erneuert? Würde man dann nicht auch auf Kredit leben, gerade wenn für die Schulden keine Zinsen gezahlt werden müssen!? Irgendwann werden auch die sparsamen Dorfbewohner das Sparen lassen – vermutlich wären sie dumm, wenn sie es nicht täten.

Dieses Dorf im Beispiel ist Europa. Läuft nun die Verschuldung in einigen Ländern – durch das immer ungehemmtere Schuldenmachen – aus dem Ruder, könnte diese künstlich geschaffene Euro-Stabilität ins Wanken geraten und die nächste Krise auslösen. Um den Euro dauerhaft zu stärken, müssen die Eurostaaten hingegen stärker zusammenwachsen. Die Vereinigten Schulden von Europa reichen nicht aus – es müssen schon die Vereinigten Staaten von Europa sein.

Ein schönes Wochenende für Sie!
Herzlichst, Ihr Stansch-Team

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