Die Welt nach der Corona-Krise

Das Jahr 2020 wird einen besonderen Platz in den Geschichtsbüchern einnehmen. Die in Friedenszeiten einmaligen Absagen sportlicher Großveranstaltungen wie der Olympischen Spiele, der Fußball-Europameisterschaft und des Tennisturniers von Wimbledon werden als weiße Flecken in der Sportgeschichte zurückbleiben. Nationale Notstände und die Aufhebung der parlamentarischen Demokratie in einem EU-Land wie Ungarn, die Wiedereinführung von Grenzkontrollen im Schengenraum, weitreichende Einreiseverbote vieler Staaten auf der Welt, vor allem aber die bis dato in westlichen Demokratien undenkbaren Einschränkungen der persönlichen Freiheit werden noch in Jahrzehnten eng mit dem Jahr 2020 verbunden sein.

Möglicherweise werden wir zukünftig sogar eine neue Trennlinie durch die Geschichte ziehen. So wie wir es seit über 70 Jahren mit der Vor- und Nachkriegszeit handhaben, könnte es dann eine Zeit „vor Corona bzw. 2020“ und „nach Corona“ geben. Sicher ist, dass die durch die Corona-Pandemie ausgelösten Ereignisse noch lange nachwirken werden.

Die Welt danach wird nicht mehr die alte sein.

 

Konsum/Einzelhandel

Der Trend vom stationären zum Onlinehandel erhält einen weiteren Schub, nachdem viele Menschen diese Einkaufsform erstmals oder intensiver als früher nutzen. Der stationäre Einzelhandel verliert weiter an Boden, Insolvenzen werden durch Rettungskredite oft nur aufgeschoben. Das Mietniveau von Geschäftsimmobilien geht zurück. Auch das Freizeitverhalten wird verstärkt online stattfinden. Weniger Massenveranstaltungen, mehr Online-Gaming. Die „Shared Economy“ wird gebremst. Wer in ein fremdes Auto einsteigt, fragt sich, ob ein Virus mitfährt.

 

Risikofreudigkeit

Die existentiellen Sorgen vieler Kleinunternehmer in der aktuellen Krise sind allen, die mit dem Weg in die Selbstständigkeit liebäugeln, eine Warnung. Beamte müssen sich auch in Wirtschaftskrisen keine Sorgen über ihr Gehalt machen, selbst wenn sie während eines „Shutdowns“ gar nicht arbeiten können. Ein sicherer Job bei Vater Staat wird für viele junge Menschen attraktiver.

 

Hygiene

Man wäscht sich öfter die Hände und scheut den Löffel am Buffet.

 

Kontakte

Begrüßungsgesten fallen distanzierter aus. Umarmungen werden auf den engsten Freundeskreis beschränkt und große Menschenansammlungen vermieden.

 

Datenschutz/Überwachung

Im Kampf gegen den Terrorismus sind Überwachungskameras so selbstverständlich wie Straßenlaternen geworden. Das gleiche könnte für das Tracken von Handys und die Gesichtserkennung gelten, wenn der Gesundheitsschutz als Motiv dient.

 

Geopolitik

Die Corona-Krise wird die Konflikte zwischen den beiden Weltmächten USA und China eher verschärfen als beilegen.

 

Generationenkonflikt

Die mittelbaren Kosten der Pandemie bürden der jüngeren Generation eine enorme Schuldenlast auf. In Verbindung mit dem demographischen Wandel wird dies zu weiter steigenden demotivierenden Abgaben- und Steuerbelastungen führen. Warum reinklotzen, wenn unterm Strich kaum noch etwas übrigbleibt?

 

Sozialpolitik

Die Umverteilung nimmt zu. Deutlich höhere Steuern auf Einkommen und Vermögen sind ein politischer Reflex auf die Gefährdung des Wohlstands breiter Bevölkerungsschichten. Unternehmer, die durch die Corona-Krise bereits gelitten haben, dürfen kaum mit Nachsicht rechnen. Das gilt auch für Immobilienbesitzer, deren Eigentumsrechte weiter eingeschränkt werden könnten.

 

Wirtschaftspolitik

Die Staaten werden versuchen, überlebenswichtige und strategische Güter vermehrt im Inland zu produzieren, um die Abhängigkeit von grenzüberschreitenden Lieferketten und einzelnen Staaten zu vermindern. Die globale Arbeitsteilung wird in einigen Bereichen zurückgedreht. Der Staat wird seinen Einfluss auf die Wirtschaft, insbesondere auf strategisch wichtige Branchen und Unternehmen, ausdehnen. Der globale Kampf um Atemschutzmasken ist ein trauriges Beispiel.

 

Geldpolitik

Spätestens jetzt ist es amtlich: Die Zentralbanken sind für immer dazu verdammt, die Zinsen tief zu halten. Nur so lässt sich die Schuldenlast der Staaten erträglich halten. Die Notenbanken werden als Retter und Investoren der letzten Instanz gezwungen, alles zu tun, um einen Kollaps des Finanzsystems zu vermeiden. Damit etabliert sich der Moral Hazard als fester Bestandteil der Finanzmärkte.

 

Inflation

Die Inflation kehrt zurück. Die Liquiditätsschwemme der Fiskal- und Geldpolitik trifft auf durch die Wirtschaftskrise geschrumpfte Kapazitäten. Die Rückverlagerung von Produktionskapazitäten aus dem Ausland kehrt die Kostenvorteile der Globalisierung teilweise um und erhöht die Produktionskosten der betroffenen Güter. Dies könnte mittelfristig zu steigenden Konsumentenpreisen führen.

 

Prioritäten

Wir lernen gerade, was wirklich wichtig ist im Leben. Familie, Freunde, Gesundheit, ein Dach über dem Kopf, ein wertgeschätzter Job, die Versorgung mit allem Lebensnotwendigen und der Schutz unserer Umwelt. Der Shutdown hat dem Klima eine Atempause verschafft. Er verdeutlicht aber auch, dass es ohne prosperierende Wirtschaft nicht geht und Klima- und Umweltziele nur durch Innovationen und neue Technologien erreicht werden können.

 

Diese Auflistung ist weder vollständig noch wird sie punktgenau eintreffen. Als ziemlich sicher dürfen ein erhöhter Staatseinfluss (und Staatsschulden), mehr Regulierung und eine größere Risikoaversion erwartet werden. Aber es gibt auch Chancen. So gewinnt z.B. die Digitalisierung endlich die ihr gebührende Bedeutung und könnte einen neuen Wachstumsschub auslösen. Sie erhöht die Effizienz, trägt zum Klimaschutz bei und eröffnet neue Chancen für Unternehmen und Menschen. Auch andere Sektoren, wie Diagnostik, Medizintechnologie und Pharmazeutik, dürften profitieren.

 

Bleiben Sie gesund!

Ihr Stansch-Team

 

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