Für den amtierenden EZB-Präsidenten Mario Draghi ist dieses Jahr Schluss. Vielleicht folgt auf Draghi der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann. So hörte man in den letzten Tagen diesen Namen immer häufiger. Und Weidmann gilt nicht gerade als Befürworter der Geldpolitik Draghis. Wir stellen uns die Frage, ob Weidmann überhaupt etwas ändern kann…!?
Schaut man sich die neuesten Protokolle aus der in dieser Woche stattgefunden EZB-Sitzung an, gibt es für den Nachfolger von Draghi bereits einige Hypotheken. Die Zinsen sind bei Null zementiert. Gedanken über eine Anhebung gibt es nicht – eher scheint man einen echten Negativzins in Betracht zu ziehen {wir berichteten}.
Dazu gesellt sich ein aus der Vergangenheit schon bekanntes, aber immer noch seltsam klingendes Instrument namens TLTRO. Mit diesem Vehikel werden Banken und Sparkassen mit günstigem bis kostenlosem Geld versorgt, das sie in Form von Krediten in private Haushalte und die Wirtschaft einfließen lassen sollen. Erreichen die jeweiligen Banken ihre Kreditziele, kann der Zinssatz sogar von Null ins Negative fallen. In diesem Fall – also aus Sicht einer Bank – ist ein Negativzins ja etwas Positives.
Das TLTRO-Programm ist bis 2022 beschlossene Sache und wird den neuen Präsidenten bis ins Jahr 2023 begleiten. Auch ohne volkswirtschaftliche Grundbildung wird schnell klar, dass steigende Zinsen und TLTRO keine gute Kombination sind. Letzteres wird sich nicht mehr verhindern lassen und schränkt den Spielraum der EZB daher extrem ein.
Egal wer Ende diesen Jahres die Leitung bei der Europäischen Zentralbank in Frankfurt übernimmt – das Spielfeld, in dem man sich bewegen kann, ist begrenzt. Und auch wenn Jens Weidmann – sofern er den Job unter diesen Vorzeichen überhaupt annimmt – sich kämpferisch zeigt, bleibt am Ende die Null auf der Zinsseite.
Unter Mario Draghi hieß es vor einigen Jahren zum Thema Zinsen noch „lower for longer“. Der neue Präsident sollte sich schon mal an „lower forever“ gewöhnen.
Herzlichst, Ihr Stansch-Team