Ohne den Euro wären wir ärmer. Zu diesem Fazit kommt eine neue Studie des Centrums für Europäische Politik {CEP}. Doch ob das auch in ganz Europa – und gerade im Süden des Kontinents – so gesehen wird, muss doch bezweifelt werden.
Euro 20
Denn die Ergebnisse zeigen, dass mit dem Wort „wir“ im Fazit eigentlich nur Deutschland und die Niederlande gemeint seien können. Der Wohlstand in Deutschland ist bis Ende 2017 um fast 1,9 Billionen Euro stärker gewachsen, als es mit der D-Mark passiert wäre. Pro Einwohner bedeutet das einen Zuwachs von 23.116 Euro. Etwas geringer fällt das Plus für die Niederlande aus.
Gerade noch positiv – mit einem Zuwachs von 190 Euro – sind die letzten 20 Jahre für die Griechen gelaufen. Allerdings wird man in Griechenland kaum eine Person treffen, die sich zu den Gewinnern zählt. Denn eigentlich hat man auf der Balkanhalbinsel nur bis ca. 2010 vom Euro profitiert. Seitdem wurde durch hohe Verluste annähernd alles aufgezehrt. Andere Krisenländer wie Spanien oder Portugal sind bereits deutlich ins Minus gedreht.
Interessanterweise stehen die Franzosen seit Beginn der Währungsunion immer auf der Verliererseite. Übertroffen wurden sie nur noch von den Italienern. Für Italien haben die Forscher Kosten – bedingt durch den Euro – von 4,3 Billionen Euro errechnet. Umgerechnet 73.605 Euro pro Kopf. So bestätigt die Studie die in Italien weit verbreitete und inzwischen auch von der Regierung geteilte Sicht, dass das Land besser an der Landeswährung Lira festgehalten hätte, um Wettbewerbsfähig zu bleiben.
Aber kann man das wirklich so rechnen?
Mit ihrer Methode stoßen die Forscher bereits auf Kritik. Sie stützen sich auf sogenannte „synthetische Kontrollmethoden“. Dabei wurden Vergleichsländer außerhalb des Euros gesucht, die ein ähnliches Wohlstandsniveau vor der Einführung hatten. Zudem sollten die Länder keine starken politischen „Schocks“ aufweisen, die das Ergebnis verzerren würden. Im Fall Deutschlands besteht die Kontrollgruppe aus Japan, Großbritannien, Bahrain und der Schweiz. Italien wiederum wird vor allem mit Großbritannien und Australien verglichen.
Ein Institut findet es „sehr unwahrscheinlich, dass ausgerechnet der Euro alleine für die Unterschiede verantwortlich ist, wenn die Kontrollgruppen immer nur aus 2-3 Ländern bestehen“. Von einer anderen Seite wird kritisiert, „dass Deutschland nicht zu den großen Gewinnern des Euro zählt, wenn man die Haftungsrisiken für die Euro-Rettung {die im Fall eines Scheiterns der Währungsunion echte Kosten verursachen könnten} auch mit einbeziehen würde.“
Für uns steht fest, dass der Euro für unsere Exportwirtschaft eher förderlich war, als eine starke D-Mark. Sollte die Währungsunion nach 20 Jahren auseinanderbrechen, wird sich der frühere Vorteil in einen starken Nachteil wandeln. Eine Ziel des Euros wurde aber deutlich verfehlt: Die mit der Währungsunion versprochene Konvergenz – die Angleichung der Mitgliedsländer auf ein gemeinsames Wohlstandsniveau – hat der Euro in seinen ersten 20 Jahren nicht geliefert.
Alles Gute
Ihr Stansch-Team