Mario Draghis Wort hat Gewicht. Der Präsident der Europäischen Zentralbank {EZB} stand am gestrigen Donnerstag wieder einmal im Fokus. Schließlich ging es bei der jüngsten EZB-Sitzung um die Zinsen – genauer gesagt um steigende Zinsen. Viele Deutsche warten immer noch darauf, dass es irgendwann einmal wieder eine Verzinsung für Sparguthaben auf den Konten gibt und in diesem Jahr sollte es endlich soweit sein.
Aber die Nachricht von Draghi war deutlich: 2019 wird es keine steigenden Zinsen geben. Während Ende 2018 noch die Hoffnung groß war, schwindet die Aussicht auf eine Zinserhöhung in diesem Jahr. Draghi bemühte sich allerdings, nicht zu pessimistisch zu klingen. „Der Rat war einstimmig der Meinung, dass die Wahrscheinlichkeit einer Rezession gering ist“, sagte er. Klar wurde auch, dass der Anstieg der Inflation auf den gewünschten Wert von zwei Prozent noch eine Weile dauern kann. Draghi ließ sich in diesem Punkt seine Zuversicht jedoch nicht nehmen.
Der Risikoausblick der EZB gilt als wichtiger Indikator für den weiteren geldpolitischen Kurs. Da der EZB-Rat jetzt ausdrücklich die Risiken für das Wachstum betont, ist eine baldige Zinserhöhung unwahrscheinlich. Draghi gab den Finanzmärkten einen Wink, indem er betonte, dass die Börsen eine erste Anhebung erst für 2020 erwarten. „Sie haben verstanden, wie die EZB reagiert“, sagte er. Die offizielle Sprachregelung der EZB lautet, dass die Zinsen im Euro-Raum noch mindestens über den Sommer hinaus auf dem bisherigen Niveau bleiben. Dies wurde von den Märkten lange Zeit so interpretiert, dass die Notenbank im Herbst 2019 die Zinsen anheben könnte. Mario Draghis Amtszeit endet im Oktober 2019. Er selbst geht nicht mehr davon aus, eine Zinserhöhung als Präsident mitzuerleben. Und ob eine neue Führung direkt mit der ersten Zinsanhebung startet, muss stark bezweifelt werden.
Von den Bankenverbänden hört man immer wieder, welche Probleme die niedrigen Zinsen für die Institute mit sich bringen. Draghi hob in seiner Rede den positiven Effekt der negativen Zinsen für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung hervor – dies sei wichtiger als die möglichen Probleme für die Banken, die überdies zum Teil auch auf deren Geschäftsmodelle zurückzuführen seien. Er begegnete damit Spekulationen, die Notenbank werde in einem einmaligen Schritt, sozusagen unabhängig von ihrem geldpolitischen Pfad, die Negativzinsen eliminieren, um damit dem Finanzsektor zu helfen.
Wenn Sie unserem Blog aufmerksam folgen, wird Ihnen unsere Meinung zu diesem Thema schon lange bekannt sein – wir haben bereits seit einigen Jahren die Hoffnung auf steigende Zinsen zu den Akten gelegt. Auch glauben wir nicht, dass es über das Jahr 2020 hinaus zu einem Zinsanstieg kommen wird. Ob man will oder nicht – man muss sich mit dem Umfeld arrangieren und zu steigenden Zinsen leise Servus sagen.
Herzlicht, Ihr Stansch-Team