Der Goldpreis ist zuletzt zeitweise unter 1.200 US-Dollar je Feinunze gefallen. Die Stimmung bei Investoren sei schlecht wie lange nicht, heißt es in den Medien. Was das für Anleger bedeutet.
An Krisenherden herrscht gewiss kein Mangel. Der US-Handelsstreit, die neue, antieuropäische Regierung in Italien, Brexit, der schwelende Konflikt zwischen Russland und „dem Westen“ oder das Pulverfass im Nahen Osten. Alles in allem ein sehr gutes Umfeld für den Goldpreis, möchte man meinen. Doch die Realität sieht anders aus. Der Preis ist seit Jahresanfang in US-Dollar um mehr als sieben Prozent gefallen. „Krisenmetall in der Krise“ titelte ein Online-Medium.
Gold ist Währung und Versicherung
Ein Denkfehler. Gold ist kein Krisenmetall, wie oft behauptet, sondern eine Währung – die Währung der letzten Instanz. Eine Versicherung gegen die uns bekannten und unbekannten Risiken des Finanzsystems, insbesondere die möglichen Folgen der ultralockeren Geldpolitik der Notenbanken
Sein Wert hängt vom Vertrauen der Menschen in die Geldordnung, in das Papiergeldsystem ab. Wer erwartet, dass die Inflation an der Kaufkraft seines Ersparten nagt, dass – im Extremfall – ganze Währungen untergehen, der verliert Vertrauen und greift zu Gold. So wie in den Jahren 2007 bis 2011, als das globale Finanzsystem zu kollabieren drohte, und die Eurozone ihre erste große Zerreißprobe überstehen musste. Damals kletterte der Goldpreis auf mehr als 1.900 US-Dollar je Feinunze. Seither ist er deutlich gesunken – was ist passiert?
Ist das Finanzsystem sicherer geworden?
Die Sorgen vieler Investoren um den Zustand des Weltfinanzsystems sind der Überzeugung gewichen, dass Politik und Notenbanken das globale Bankensystem auf ein stabileres Fundament gestellt haben. Die Renditen von Anleihen sind drastisch gefallen, der Aktienmarkt hat kräftig zugelegt. Gute Aktien sind der größte Konkurrent des Goldes. Sie sind, ähnlich dem Edelmetall, Sachwerte, werfen aber, anders als Gold, zusätzlich attraktive Rendite in Form von Dividenden ab. Ohne Frage, erstklassige Aktien sind im Niedrigzinsumfeld unverzichtbar für den Vermögensaufbau. Die Einschätzung, das Finanzsystem sei sicherer geworden, ist unseres Erachtens dagegen naiv.
Weltweit überbieten sich die Notenbanken darin, ihre Geldmengen auszuweiten, um viele Industriestaaten vor dem finanziellen Kollaps zu bewahren und die Wirtschaft zu stimulieren. Ein gewaltiges Experiment mit ungewissem Ausgang. Misslingt es, wird das Vertrauen der Menschen in das Papiergeldsystem schwinden. Gold sollte deshalb unseres Erachtens Bestandteil eines breit aufgestellten Depots sein.
Die Türkei ist ein gutes Beispiel
Der Wert des Edelmetalls als Versicherung lässt sich derzeit sehr gut am Beispiel der Türkei beobachten, wo die Inflation die Kaufkraft der Lira auffrisst. In Lira gerechnet hat sich der Goldpreis seit Anfang 2017 mehr als verdoppelt. Aus Sicht türkischer Goldanleger hat sich die Versicherung also längst bezahlt gemacht.
Vereinfacht ausgedrückt: Wenn Währungen schwach sind, dann ist Gold stark. Und an schwachen Währungen dürfte in den kommenden Jahren unseres Erachtens kein Mangel sein.
Ein schönes Wochenende
Ihr Stansch-Team