Rund zehn Prozent hat der Euro seit Anfang April zum Dollar aufgewertet – von weniger als 1,06 auf knapp 1,17 Dollar. Dabei hatte zum Jahresbeginn vieles für eine Parität, also einen Euro/Dollar-Kurs von 1:1, gesprochen. Was steckt hinter dem plötzlichen Anstieg? Wir wollen der Frage mal auf den Grund gehen.
WARUM STEIGT DER EURO?
Nach der jüngsten Ratssitzung der EZB hatte Notenbankchef Mario Draghi angekündigt, im Herbst über die Anleihekäufe beraten zu wollen. An den Märkten wurde dies als Signal verstanden, das bislang auf ein Volumen von 2,28 Billionen Euro angelegte Programm auslaufen zu lassen. Zudem drängt vor allem die Bundesbank, die der ultra-lockeren Geldpolitik von Anfang an kritisch gegenüberstand, auf eine Kurskorrektur der EZB. In den zum Teil sehr erfreulichen wirtschaftlichen Daten in Europa sehen momentan viele Marktteilnehmer das Tor zur Rückkehr in die „alte Zinswelt“.
WAR DER EURO VOR KURZEM NICHT NOCH AUF TALFAHRT?
Ja, denn bis zu den Präsidentschaftswahlen in Frankreich im Frühjahr hatten viele Anleger einen Sieg der Euro-Gegner befürchtet. Doch dann zog Emmanuel Macron – ein ausgesprochener Befürworter der gemeinsamen Währung – in den Elysee-Palast ein. Umgekehrt wäre es gelaufen, wenn Marine Le Pen sich durchgesetzt und Frankreich versucht hätte, dem Euro den Rücken zu kehren. Aber auch die US-Wahlen in 2016 haben noch Auswirkungen auf unsere Gemeinschaftswährung.
SPIELT DONALD TRUMPS WAHL EINE ROLLE?
Ja! Die Wahl des Immobilien-Milliardärs zum US-Präsidenten hatte zunächst Spekulationen auf steigende Inflationsraten in den USA ausgelöst, da Trump ein riesiges Konjunkturprogramm und radikale Steuersenkungen versprochen hat. Doch bislang wurde daraus nichts, da der Republikaner innenpolitisch aufgrund der Russland-Affäre stark unter Druck steht und sich langsam aber sicher die Erkenntnis breit macht, dass Trumps Ideen völlig unrealistisch sind.
UND WELCHE ROLLE SPIELT DIE US-NOTENBANK FED?
Von der FED werden weitere Zinsansteige erwartet – eine geringere Konsumnachfrage sorgt aber für eine sinkende Inflation. Dies hat zur Folge, dass eine rasche Abfolge von Zinserhöhungen immer unwahrscheinlicher wird. Somit sehen sich viele Anleger veranlasst, ihre Dollar-Positionen weiter zurückzufahren. Die Euro-Stärke ist daher auch eine Dollar-Schwäche.
WAS IST SO SCHLIMM AN EINEM HOHEN EURO-KURS?
Für Exporteure verschlechtern sich die Wettbewerbschancen, da ihre Waren auf dem Weltmarkt teurer werden. Allerdings sichern sich Konzerne meist gegen solche Entwicklungen ab. Erst wenn der Trend nachhaltig dreht oder drastisch ausschlägt, sind Unternehmen wirklich unter Druck – wie beispielsweise beim Pfund Sterling nach der Brexit-Abstimmung. Außerdem bremst ein hoher Wechselkurs über die in Dollar fakturierte Ölrechnung die Inflation und erhöht das Risiko einer Deflation, eine Spirale aus fallenden Preisen und rückläufigen Investitionen. Das Ziel der EZB ist aber eine Teuerung {Inflation} von knapp zwei Prozent. Dies wird momentan wohl nur schwer zu erreichen sein.
GIBT ES IN DEUTSCHLAND AUCH PROFITEURE?
Die Autobauer, die zudem auch noch massive Imageprobleme im Zuge der Kartellabsprachen bekommen haben, sind die großen Verlierer. Der Export aus Europa in andere Länder wird teurer. Unternehmen wie Adidas, die ca. 90 Prozent ihrer Waren aus Asien importieren, können mit dem starken Euro gut leben. Wer eine Reise in die USA plant, darf sich ebenfalls freuen – der starke Euro macht die Reise und die Einkäufe günstiger.
UND WAS MACHEN DIE HÜTER DES EURO NUN?
Sie könnten die erwartete Drosselung der Anleihekäufe hinauszögern. Dies würde den aktuellen Höhenflug des Euro zumindest vorübergehend beenden. Es ist nicht auszuschließen, dass die EZB dies ganz gezielt im Hinterkopf hat.
FAZIT
Die Erwartungen an den Euro sind übertrieben und werden aus unserer Sicht schon bald wieder auf ein niedrigeres Niveau zurückfallen. Sollte die EZB im September deutlich machen, dass Zinserhöhungen in Europa überhaupt nicht möglich sind, wird sich das auch in der europäischen Gemeinschaftswährung zeigen. Mit unseren weltweiten Strategien können wir davon überproportional profitieren und sind überzeugt, zum Jahresende 2017 noch Wertzuwächse über die Wechselkurse generieren zu können.
Herzlichst, Ihr Stansch-Team